Der zweite HPI (=Happy Planet Index) wurde kürzlich veröffentlicht – das Ergebnis war für uns nicht weiter erstaunlich, sondern absolut nachvollziehbar: der mittelamerikanische Staat Costa Rica liegt mit 76,1 von 100 Punkten auf Platz 1 des Indexes, gefolgt von der Dominikanischen Republik auf Platz 2 (71,8 Punkte) und Jamaica auf Platz 3 (70,1 Punkte). Mexiko befindet sich ebenfalls relativ weit oben im HPI, nämlich auf Platz 23. Die meisten lateinamerikanischen Staaten lassen sich im ersten Drittel des Indexes wiederfinden; eine Ausnahme bildet Uruguay auf Platz 99 (von insgesamt 143 Plätzen). Im Vergleich dazu: Deutschland befindet sich auf Platz 51. Bemerkenswert bei den Platzierungen ist, dass vor allem Inselstaaten relativ weit vorn liegen.
Nun aber genug von den Zahlen – viel interessanter ist: Was genau steckt hinter dem Happy Planet Index?
„The Happy Planet Index (HPI) provides that compass by measuring what truly matters to us – our well-being in terms of long, happy and meaningful lives – and what matters to the planet – our rate of resource consumption.“
Das klingt erst einmal kompliziert – aber die Zusammensetzung des HPIs ist gut nachvollziehbar. In den Happy Planet Index fließen ein:
Die durchschnittliche „Lebenserwartung“ – hier liegen Industriestaaten wie Japan oder die EU-Staaten natürlich an erster Stelle. Erstaunlich ist jedoch zum Beispiel der Vergleich von den USA und Kuba – in Kuba liegt die durchschnittliche Lebenserwartung nur ca. 2 Monate hinter den USA, obwohl das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Inselstaates viel, viel geringer ist.

„Life Satisfaction“ – Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 1 („unzufrieden“) bis 10 („sehr zufrieden“)
Die „Lebenszufriedenheit“ („life satisfaction“) – Costa Rica liegt hier mit 8,5 Punkten auf einer Skala von 1 bis 10 an erster Stelle, gefolgt von Irland, Norwegen und Dänemark. Es lässt sich auf den ersten Blick also kein „Muster“ feststellen. Die Industrieländer liegen häufig relativ weit vorn, aber auch Länder mit einem niedrigen BIP sind sehr zufrieden.
Der „ökologische Fußabdruck“ („ecological footprint“) – drückt den Bedarf an Land (im Sinne von Fläche) aus, den ein Individuum hat, um seinen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Hinzu kommt die Fläche an Land bzw. Grünfläche, die benötigt wird um die CO2-Emission, die bei der Herstellung der benötigten Produkte entsteht, zu absorbieren. Der ökologische Fußabdruck wird in Einheiten von „global hectares“ gemessen. Derzeit darf jeder Mensch nur bis zu 2,1 global hectares beanspruchen damit die Landressourcen der gesamten Erde ökologisch und gerecht genutzt werden. Um den Lebensstandard von „Schwellen- und Entwicklungsländern“ zu erhöhen, müssen Industrieländer ihren ecological footprint verkleinern – Wachstum für alle bzw. ein Status-quo für die „entwickelten Länder“ ist also nicht mit der tatsächlich vorhandenen Erdfläche zu vereinbaren.
Der Happy Planet Index errechnet sich aus diesen drei Parametern.
Wird die „Theorie“ nun auf die oberen Platzierungen im HPI angewandt, kommt man zu folgendem Ergebnis:
Die Staaten auf den oberen Positionen des HPIs weisen meist eine relativ hohe durchschnittliche Lebenserwartung auf, sind vergleichsweise recht bis sehr zufrieden mit ihrem Leben, aber hinterlassen keinen so großen „ökologischen Fußabdruck“ wie beispielsweise die USA – d.h. sie leben ökologisch effizienter (d.h. sie verbrauchen weniger natürliche Ressourcen, es bedeutet jedoch nicht, dass sie großartigen Umweltschutz betreiben).
Und das Fazit aus all dieser Zahlen, Definitionen und Ergebnissen?
Der Happy Planet Index schließt sich der Aussage von Adair Turner (Chair of the UK Financial Services Authority) aus dem Jahr 2007 an:
„We should … dethrone the idea that maximising the growth in measured prosperity, GDP per capita, should be an explicit objective of economic and social policy.“
Nicht ein steigendes BIP sollte das pauschale Ziel für alle Staaten sein, sondern eine hohe Lebenserwartung verbunden mit einer hohen Zufriedenheit der Menschen mit ihrem Leben und einer ökologisch nachhaltigen Nutzung der Erdoberfläche.
Außerdem lohnt sich ein „Blick über den Tellerrand“: Einwohner von Staaten – zum Beispiel Costa Rica – mit einem niedrigen BIP (oder einem ecological footprint im „grünen Bereich“) können trotzdem ein glücklicheres Leben führen, als Menschen in den Industrieländern.
Ireen wird ja Ende diesen Jahres nach Costa Rica reisen und sicherlich viel von den glücklichsten Menschen der Erde zu berichten haben. Auch auf unseren Mexiko– und Venezuelareisen haben wir schon entsprechende Eindrücke gesammelt – man muss nicht steinreich sein, um ein erfülltes Leben zu führen…
Den vollständigen Happy Planet Index-Bericht kann man auf der HPI-Webseite herunterladen.
Du hast vollkommen Recht – wer möchte schon auf die Möglichkeit einer schönen Individualreise nach Mexiko (so wie sie von Mexico Mio angeboten werden) verzichten!? Zumal der Tourismus – in wohldosierten Mengen – eine wichtige Einnahmequelle der lateinamerikanischen Länder ist. Urlaub auf Balkonien ist dann doch auf Dauer wenig bereichernd – selbst wenn Deutschland es irgendwann mal auf Platz 1 des HPIs schaffen und zu den glücklichsten Nationen der Erde gehören sollte.
Aber zumindest innerhalb Deutschlands oder sogar Europas könnte man öfter mal auf das Fliegen verzichten – vorausgesetzt die Bahn senkt ihre Preise 😉
Und ein paar weitere Anregungen gibt ja auch dieses Footprint-Quiz, das du weiter oben erwähnt hast. Ich denke schon, dass man das eigene Leben mit kleineren „Eingriffen“ etwas ökologischer gestalten kann – ohne jetzt gleich komplett auf die Annehmlichkeiten einer Reise nach Lateinamerika verzichten zu müssen.
Keine schlechte Argumentation nur steckt der Teufel (wie so oft) im Detail.
Um wirklich ökologisch zu leben, müsste man nicht nur das Gesellschaftssystem ändern, sondern auch auf viele Annehmlichkeiten des Lebens verzichten.
Vorbei wären die Zeiten der Südfrüchte, vorbei die Zeiten der billigen Produkte aus Fernost, vorbei die Zeiten der Fernreisen – immerhin werden bei einem Flug nach Mexico und zurück pro Person ca. 7000kg CO2 freigesetzt (als Vergleich: um dieselbe Menge C02 mit meinem Auto freizusetzen, muss ich ca. 48000km fahren).
Aber vielleicht gibt es doch noch einen Lichtblick. Zumindest ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland von 68,7 (1960) auf 79,1 Jahre gestiegen. Der ökologische Fußabdruck sank kontinuierlich von 5,6 (1990) auf 4,2 ha/Person. Ob das ein Indiz für eine zunehmende Verarmung der deutschen Bevölkerung ist, lass ich mal außen vor. 🙂
Deutschland liegt im HPI Ranking der westlichen Nationen auf Platz drei hinter den Niederlanden und Malta und wenn die Entwicklung so weiter geht, sind wir in hundert Jahren vielleicht auch mal auf Platz eins 😉 .
Das ist ein Zitat aus dem HPI-Report (S. 3): „The results turn our idea of progress on its head. Whilst the HPI confirms that the countries where people enjoy the happiest and healthiest lives are mostly richer developed countries, it shows the unsustainable ecological price we pay. It also reveals some notable exceptions – less wealthy countries, with significantly
smaller ecological footprints per head, having high levels of life expectancy and life satisfaction. In other words, it shows that a good life is possible without costing the Earth.“
Ich glaube das ist das Hauptanliegen der HPI-Macher – zu zeigen, dass man lange und glücklich leben kann, ohne so einen hohen, ressourcenauffressenden Lebensstandard wie beispielsweise in Europa haben zu müssen. Dass Costa Rica die glücklichsten Menschen der Erde beherbergt, ist ja eigentlich nur ein untergeordnetes Ergebnis… was für einen Reiseveranstalter für Individualreisen nach Costa Rica aber doch wieder eine schöne Nachricht ist. 😉
Tja, und was kann der Einzelne tun? Ich weiß jetzt gar nicht, ob in dem Report irgendwelche „Handlungsanweisungen“ stehen. Aber das ist ja das altbekannte „Problem kollektiver Güter“ (oder das Problem der Verschwendung von Allmende-Ressourcen) – der Beitrag (oder Verzicht) des Einzelnen bewirkt nichts, aber das Aggregat der Handlungen der Individuen (bzw. deren planmäßiges, organisiertes Handeln) hat dann doch eine spürbare Auswirkung. Es gibt ja auch Beispiele für organisiertes, ressourcenschonendes Handeln von kleineren Gemeinschaften – die Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom hat mal verschiedene Szenarien (Übernutzung von Allmende-Ressourcen auf der einen und nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen auf der anderen Seite) untersucht und die jeweiligen Bedingungen dafür versucht herauszuarbeiten.
Ich finde den Titel etwas irreführend. Um was geht es in diesem Index? Um glückliche Menschen oder eine „glückliche Erde“ ?
Schön, dass die Menschen in Costa Rica am zufriedensten mit ihrem Leben sind. Nur zählen die Menschen in den skandinavischen Ländernin (Dänemark – HPI-Rang 105, Norwegen – HPI-Rang 88, Schweden HPI-Rang 53, Finnland HPI-Rang 59) seltsamerweise auch zu den glücklichsten Menschen.
siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Satisfaction_with_Life_Index
Im HPI Ranking sind sie allerdings ziemlich weit hinten.
Geht es um eine „glückliche Erde“, so spielen meines Erachtens noch mehr Faktoren als der ökologische Fußabdruck eine Rolle. Was nützt es wenn ich einen niedrigen Ressourcen- bzw. Flächenverbrauch habe, dafür aber meine Umwelt zerstöre.
Ich habe mir mal den Spaß gemacht und meinen persönlichen „ecological footprint“ ausrechnen lassen. Auch wenn ich noch unter Landesschnitt liege, so bräuchte man doch immer noch 2,3 Erden wenn alle Menschen meinen Lebensstil genießen würden bzw. könnten.
Die Idee dieses Konzepts ist ja prinzipiell nicht schlecht. Nur was habe ich persöhnlich für Möglichkeiten meinen Fußabdruck zu verkleinern?
Als Bewohner eines hochindustrialisierten Landes sind meine Einflussmöglichkeiten extrem niedrig. Wer Zeit hat kann das gern mal durchspielen unter: http://www.myfootprint.org/ oder http://www.mein-fussabdruck.at .
Am sparsamsten sind die ärmsten Länder der Welt. Das sind aber auch die Länder mit der geringsten Lebenserwartung und geringen „Zufriedenheitspunkten“.
Ich halte das Vermischen bzw. Verrechnen des „ecological footprint“ mit „life satisfaction“ & „life expectancy“ als HPI für ein wenig sinnfrei.
PS: Ich bin glücklich, auch wenn mein Heimatland im HPI Rang nur auf Platz 51 liegt 😉 … schönes We
Das stimmt – man wird durch den HPI – vor allem durch den „ecological footprint“ – dazu verleitet zu denken, dass Länder wie China ja sehr guten Umweltschutz betreiben müssen, um auf dem HPI so weit oben platziert zu sein. Aber eigentlich wird ja nicht das Engagement für die Umwelt gemessen, sondern es geht um die Nutzung von natürlichen Ressourcen durch die jweiligen Staaten. Und da sind beispielsweise lateinamerikanische Länder noch deutlich sparsamer als die großen „Industrienationen“ – meist aus dem einfachen Grund, dass ihre Infrastruktur noch nicht so gut entwickelt ist.
Kompliziertes Thema…
Die Idee, über einen Ökologie-Indikator den Gedanken der Nachhaltigkeit einzubringen, scheint sehr reizvoll.
Leider gibt dieser Index das Bild wohl etwas verzerrt wieder. Wie ausgerechnet China, ein Land mit großen Umweltschäden, einen besseren „ecological footprint“ und damit auch HPI als z.B. Deutschland erreicht, ist mir wirklich schleierhaft.
Grüße